Dienstag, 28. Februar  - Geelong – hier könnte ich bleiben…

Die ganze Nacht hat es wieder wie aus Kübeln gegossen. Langsam wird es feucht im „Camperli“. Unser Frühstück nehmen wir deshalb gleich wieder in der Campküche zu uns. Um 9.00h fahren wir nach Geelong an die „Waterfront“, wie von unserem Reiseführer empfohlen. Dort gibt es eine Fussgängerzone direkt am Meer, ellenlang und sehr gepflegt. Wir sehen ein altes Piratenschiff, ein Riesenrad, viele, viele Schiffe, eine Schulklasse die im Freien Ihr Boxtraining absolviert, eine andere Schulklasse, die einen Segelkurs besucht, und mehrere Schulklassen, die einen Wettkampf, bestehend aus schwimmen und rennen bestreiten. Viele Jogger und Hunde mit Besitzer kreuzen unseren Weg. Entlang des Strandes bewundern wir unzählige Skulpturen aus Holz. „Mannsgöggel“ in Echtgrösse, in Gruppen, einzeln in bunten Farben und fröhlichen Mustern. Wir halten bei sämtlichen Skulpturen, stellen uns dazu und fotografieren uns gegenseitig. Eine richtig friedliche abwechslungsreiche Morgenstimmung, ohne touristischen Touch, bezaubert uns. Süni meint:“Geelong ist eine Traumstadt! Hier könnte ich mir vorstellen, zu leben!“. Naja, ich bin da etwas objektiver. Wir haben ja nur den Strand gesehen. Da bräuchte es schon noch ein paar positive Aspekte mehr, um zu bleiben…

 

Wir fahren weiter, entgegen einem der schönsten Abschnitte unserer gesamten Reise. So sagt es der Reiseführer und so kennen wir es bisher, aus unzähligen Film- und Fotoberichten.

Die „Great-Ocean-Road“ die kurvige, gemütliche Strasse, direkt am Meer, liegt mit ihren 250 km Länge direkt vor uns. Traumhaft schöne Strände mit Aussichtspunkten begeistern uns. Wir halten immer wieder an und geniessen diese wunderschöne Landschaft trotz des grau verhangenen Himmels. Wir fotografieren, spazieren, hören dem tosenden Meer zu, riechen die salzige Luft und spüren ihn durch unsere Haare wehen.

 

Zufahrt zur Great Ocean Road in Geelong
Zufahrt zur Great Ocean Road in Geelong

Entlang der Strecke gibt es wieder diese hübschen kleinen Städtchen. Das erste, in dem wir zwischenstoppen, heisst Lorne. Wir essen ein halbes Poulet zu Mittag und Süni raucht hier seine erste Zigarette auf der Reise. Die Idee, während der Ferien mit dem Rauchen aufzuhören, war nicht gerade die Beste. Es ist doch so schon alles wahnsinnig aufregend und geht recht an die Substanz, wenn auch im positiven Sinne. Also, die guten Vorsätze über Bord und ab in den Tabakladen. Ich hoffe nur, dass sich Süni im Griff hat. Denn mit einem Päcklipreis von bis zu 20 Fr. (!!!) reicht unser Budget nicht weit, sollte er zum Kettenraucher werden…

Unser Reiseführer empfiehlt uns, in Lorne einen weiteren schönen Aussichtspunkt: „Teddy’s Lookout“. Es heisst, man kann weit über die Küstenstrasse sehen. Was aber nicht beschrieben war ist, dass der Weg zu dem Punkt, eine Bergstrasse ist, die etwa in einem 140-150 Grad Winkel rauf und auch wieder runter führt. Mir wird bereits bei der Bergfahrt Angst und Bang. Unser Camperli scheint zeitweise still zu stehen oder gar hintenüber zu kippen. Es ächzt und krächtzt und fängt an grässlich nach verbranntem Gummi zu stinken. Süni muss die Handbremse einsetzen um einen Gang runter schalten zu können.

Doch noch oben angekommen, sehen wir dann, warum der Reiseführer uns diese Fahrt zugemutet hat. Die Aussicht ist einfach traumhaft!

Wir sehen tatsächlich weit der Küstenstrasse entlang. So ganz unbeschwert geniessen, können wir den Trip jedoch nicht. Es steht uns ja noch die Talfahrt bevor. Aber auch diese Fahrt, wenn immer möglich im Zickzack, haben wir alle 3 gut überstanden. Wir wollen gerne einen weiteren Aussichtspunkt, einen extrem hohen Wasserfall besuchen. Die 4 km lange Wanderung hält uns aber davon ab.

Unsere Weiterfahrt entlang der Küstenstrasse führt uns nach Apollo Bay. Nach weiteren diversen Stopps entscheiden wir uns, den dortigen „Big4“ Campingplatz zu suchen. An erhöhter Lage mit herrlicher Aussicht auf’s Meer, werden wir auch fündig. Wir übernachten für weniger als 30$. Es hat eine Weile gedauert, bis wir gemerkt haben, welche die guten Campingplätze sind. Aber unterdessen haben wir ein Adressbüchlein der Big4-Kette und können diese gepflegten, grosszügig bemessenen Plätze gezielt anpeilen. Die meisten der Big4’s haben Swimmingpool, so auch dieser. Wären heute nicht nur 23°C, würde ich ganz sicher davon Gebrauch machen.

Der Himmel bleibt heute den ganzen Tag grau. Aber wir haben Glück im Unglück und werden nie verregnet. Von morgen an, meldet der Wetterbericht Besserung. Wir hoffen mal, dass es stimmt.

 

Mittwoch, 29. Februar  - Twelve Apostels – Stägeli uf Stägeli ab!

An diesem Morge ist es glücklicherweise trocken und wir können wieder mal im Freien frühstücken. Früh geht es auch heute los. Zuerst noch eine Weile der Küstenstrasse entlang. Aber schon bald geht es ein Stück ins Landesinnere. Die Strasse ist wie immer sehr gut befahrbar und es hat nicht allzu viel Verkehr. Wir nehmen es gemütlich und fahren einfach an den Strassenrand, sobald wir merken, dass wir ein schnelleres Fahrzeug behindern. Wir lassen uns nicht stressen. Die Strasse durch den Regenwald ist kurvig und scheint endlos. Bis ins Wageninnere duften die Eukalypthusbäume und Pinien. Manchmal stoppen wir auch wegen dem würzigen Geruch. Wir steigen kurz aus und atmen diese, uns unbekannten Dürfte, tief ein. Immer wieder halten wir Ausschau nach wilden Tieren. Aber auch diesmal sehen wir, ausser ein paar toten Kangaroohs keine. Bald erreichen wir wieder die Küstenstrasse und von da an, jagt eine Attraktion die nächste. Alle paar Kilometer halten wir auf einer Aussichtsplattform an. Wir bewundern die teilweise abstrakten Felsformationen, die über Millionen von Jahren, vom Meer geformt wurden. Allen voran natürlich die 12 Apostel. Der Anblick raubt uns beinahe den Atem. Wie oft haben wir dieses Naturwunder im TV oder auf Fotografien gesehen. Aber nun stehen wir davor und staunen, wie viel höher als auf Bildern und wie majestätisch die Felsen in Natura sind.

Vor Port Campell führen die „Gibson Steps“ direkt an den Strand. Gefühlte 1000 mega hohe Treppenstufen steigen wir hinunter, um die Apostel aus nächster Nähe und vom Fuss her zu betrachten. Zwischen den Felsen fühlen wir uns wie kleine Zwerge, „Mannsgöggeli“ zwischen den Naturgewalten. Das Meer peitscht an die Felswände. Es zischt, tost und schäumt in allernächster Nähe. Es ist windig und so werden wir auch immer wieder von einer feinen Gischt Meerwasser besprüht. Barfuss waten wir am Ufer entlang und geniessen diese unbeschreiblichen Eindrücke. Einfach „Wooooowwwwww“!!!

Die Treppen wieder hochgekraxelt, fahren wir weiter Richtung Port Campell. Im Restaurant „12 Rocks“, essen wir zu Mittag. Feinstes Essen mit ultrafrischen, liebevoll zubereiteten Leckereien. Süni bestellt Linguine mit Crevetten und Krabbenfleisch, ich selber Lammkottletts in Minze mit Erbs-Püree und gemischtem Salat. Für australisch-touristische Verhältnisse ist dieses Essen wirklich einzigartig, völlig unerwartet lecker und zu einem sehr fairen Preis von insgesamt 50$. Das ganze gespickt mit einer traumhaften Aussicht von der Restaurant-Terrasse direkt in die Bucht.

Am Nachmittag stoppen wir wieder sehr oft und schauen uns, die vom Meer geformten Felsen an. Sehr beeindruckt hat uns auch die „London Bridge“. Ursprünglich eine Platte, welche sich über 10-20 Millionen Jahren (!) durch die Kraft des Meerwassers, zu einer Brücke verformt hat, unter der man theoretisch unten durch gehen könnte.

Unser Tagesziel, der Big4 Campingplatz in „Warnambool“ erreichen wir gegen ca. 16.00h.

Neben uns fährt ein Apollo-Wohnmobil, und es ist uns gleich klar, dass es sich bei dem Pärchen um Schweizer handeln muss. Die beiden sind in Sünis Alter und wir kommen sofort ins Gespräch. Röbi und Reni kommen aus Luzern und fahren die Great Ocean Road in umgekehrter Richtung wie wir. Wir offerieren bei uns einen Apéro und verstehen uns auf Anhieb gut. Zum Znacht trennen wir uns wieder. Wir haben einen kleinen Rest Teigwaren zum Wärmen, essen Würstli dazu und Salat. Nach dem Abwasch laden uns die Luzernen auf einen „Chrumme“,  also eine Zigarre und ein Glas Wein ein.

Diese Einladung nehmen wir nur allzu gerne an. Vorallem Süni freut sich mächtig, dass er sich auch mal wieder mit jemandem in Deutsch unterhalten kann ausser mit mir.

Wir offerieren das Dessert, ein Vanillecornet, welches wir immer im Gefrierfach vorrätig haben. Röbi und Reni haben unterwegs in einer Weinkellerei Wein eingekauft, den sie uns zum Probieren anbieten. Danach öffnen sie eine Flasche Sherry, der wie Dessertwein schmeckt. Dazu hole ich dann später noch scharfen Käse und einen Brie, der vorzüglich zu dem süsslichen Sherry passt. Wir bodigen auch diese (ganze!!!) Flasche und haben an diesem Abend tatsächlich ein kleines „Damenrüschli“. Wir gehen um ca. 23.00h ins Bett, das ist für unsere Verhältnisse extrem spät. Im Bett, im Dunkeln, schauen wir uns sämtliche Fotos des Tages noch einmal an. Auch wenn die Sonne an diesem Tag nicht gescheint hat, und der Himmel über den Naturwundern grau geblieben ist, so haben wir doch einen wunder-, wunderschönen und stimmigen Tag erlebt…